«Wir wollen unsere Mitglieder bei der sicheren Digitalisierung unterstützen»
Die Föderation der Schweizer Psychologinnen und Psychologen FSP bietet ihren Mitgliedern eine HIN geschützte E-Mail-Adresse und weitere Dienstleistungen an – das myFSP Digitalpaket. FSP-Vorstand Andi Zemp spricht im Interview über das gemeinsame Projekt mit HIN und der Ärztekasse.
Herr Zemp, was war der Auslöser für die FSP, ein Digitalpaket für die Mitglieder zu anzubieten?
Die FSP-Mitglieder konnten bisher eine «normale» E-Mail-Adresse mit der Endung @psychologie.ch erhalten. Diese durfte wegen der fehlenden Verschlüsselung nicht für vertrauliche Kommunikation verwendet werden, war also nicht mehr «state of the art». Ein zweiter Ausgangspunkt war die bevorstehende Einführung des Anordnungsmodells in der Psychotherapie. Dadurch werden viele Psychologinnen und Psychologen neu freiberuflich tätig sein, was einige Herausforderungen mit sich bringt. Als Verband möchten wir den Mitgliedern ihre Arbeit so einfach wie möglich machen, sei es beim Abrechnen mit den Krankenkassen oder beim Schutz der Klientinnendaten.
Was ist ihre Rolle im Projekt von FSP, HIN und der Ärztekasse?
Im Vorstand der FSP bin ich für das Thema Digitalisierung verantwortlich, daher fällt das Projekt in mein Ressort. Da ich als Psychotherapeut und Coach, aber auch in der Personal- und Organisationsentwicklung tätig bin, decke ich verschiedene Bereiche der psychologischen Arbeit ab und kann unterschiedliche Anforderungsprofile in das Projekt mit HIN und der Ärztekasse einbringen. Als «digital immigrant» finde ich die aktuelle Dynamik sehr spannend. Wir beobachten ja in verschiedenen Arbeits- und Lebensbereichen einen Digitalisierungsdruck. Gerade im Gesundheitswesen dürfen wir dabei die Sicherheit und den Datenschutz nicht vernachlässigen, wenn wir unsere Verantwortung wahrnehmen und das Vertrauen der Klientinnen und Klientinnen erhalten wollen.
Sie haben das Anordnungsmodell angesprochen, das Mitte Jahr für die Psychotherapie in Kraft tritt. Wo steht man da bei der Umsetzung?
Die Zeitvorgabe für die Umsetzung war und ist sehr ambitioniert. Leider steht der Tarif noch nicht. Zwar sind sich die Partner bei der Tarifstruktur einig. Jedoch konnten wir beim Taxpunktwert nur einen Teil der Versicherer ins Boot holen. Die Kantone müssen nun einen Wert festsetzen. Das ist sehr unschön, da die Zeit drängt. Wir hoffen nun darauf, dass sich die Kantone am Vertrag orientieren, den die Psy-Verbände, H Die Schweizer Spitäler, die Einkaufsgemeinschaft HSK und curafutura abgeschlossen haben, um ein Chaos bei der Einführung des Anordnungsmodells per 1. Juli zu vermeiden.*
Das Kurzvideo erklärt das myFSP-Digitalpaket für Psychologinnen und Psychologen.
Wie und wo spüren Psychologinnen und Psychologen die zunehmende Digitalisierung und was für Ziele verfolgt der Verband in dieser Hinsicht?
Unsere Mitglieder sind sehr vielfältig, das zeigt sich auch beim Thema Digitalisierung. Ich persönlich arbeite wie viele andere heute vollständig digital – ich habe kein analoges «Büro» mehr. Dennoch sind gewisse Vorbehalte betreffend Datenschutz nicht von der Hand zu weisen. Einen Aktenschrank kann ich abschliessen und fertig. Im Digitalen muss ich ein Backup der Dateien machen, die Systeme regelmässig updaten und mit Passwörtern hantieren. Darauf muss man sich einlassen, wenn man von den Vorteilen profitieren will. Darum sind Datenschutz und Informationssicherheit in der digitalen Welt auch ein grosses Thema für die FSP. Als Verband haben wir den Masterplan, die Kommunikation mit allen Mitgliedern über elektronische Medien laufen zu lassen. Auch wollen wir sie, wie erwähnt, bei der sicheren Digitalisierung unterstützen.
Mit dem myFSP-Digitalpaket gibt die FSP eine eigene elektronische Identität und eine geschützte E-Mail-Adresse als Teil der FSP-Mitgliedschaft heraus. Warum haben Sie sich dabei für HIN als «Technologiepartner» entschieden?
FSP und HIN sind ja seit mehreren Jahren partnerschaftlich verbunden. Viele Mitglieder nutzen das bestehende gemeinsame Angebot und sind zufrieden damit. HIN ist eine feste Grösse im Gesundheitswesen. Dadurch war klar, dass wir auch für das myFSP-Digitalpaket das Angebot von HIN genau anschauen. HIN hat uns mit ihrer Kompetenz überzeugt.
Das Angebot richtet sich nicht nur an therapeutisch Tätige, sondern an alle FSP-Mitglieder. Wie profitieren beispielsweise Coaching- oder Organisationspsychologinnen und -psychologen davon?
Das Paket ist so aufgebaut, dass das FSP-Mitglied sich jene Elemente herausgreifen kann, die für seine Tätigkeit nützlich sind. Ich finde es wichtig, dass wir gerade Psychologinnen und Psychologen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, gute Instrumente an die Hand geben können, mit denen sie ihre Arbeit und ihre Kommunikation organisieren können. Das Berichtswesen beispielsweise ist primär auf Therapeutinnen und Therapeuten zugeschnitten. Eine geschützte E-Mail-Adresse hingegen ist für alle FSP-Mitglieder relevant, da es auch in nichttherapeutischen Kontexten viele persönliche Daten gibt, die es zu schützen gilt. Wenn ich von einem Unternehmen eine Anfrage für ein betriebliches Gesundheitsmanagement erhalte, da es viele gesundheitliche Ausfälle verzeichnet oder nachdem der Geschäftsführer ein Burnout erlitten hat, dann sind rasch auch sehr sensible und vertrauliche Informationen im Spiel – Grund genug also, die Korrespondenz über HIN Mail zu führen.
Abschliessend ein Wort zur Partnerschaft: Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen einem Psycholog(inn)enverband, einem IT-Sicherheits-Unternehmen und einer Ärztegenossenschaft?
Ich empfinde die Zusammenarbeit als sehr angenehm und kollegial. Wir kommunizieren untereinander offen und transparent, suchen gemeinsam nach Lösungen. Man hat gespürt, dass unsere Ansprüche und Anforderungen seitens FSP die Partnerorganisationen auch gefordert haben, gerade in der Einführungsphase. Trotzdem haben sie es geschafft, den Zeitplan einzuhalten und zuverlässig zu liefern. Und darum bin ich auch zuversichtlich, dass der Betrieb reibungslos laufen wird. Wir haben hier zusammen eine gute Sache auf die Beine gestellt. Das finde ich cool!* Stand Mitte Juni 2022 (Red.)
Andi Zemp
Der Fachpsychologe für Psychotherapie FSP ist Experte für Burnout und Stressfolgestörungen. Im Vorstand der FSP ist er für das Ressort Digitalisierung zuständig.
Worum geht es beim Anordnungsmodell?
Leistungen von psychologischen Psychotherapeutinnen und -therapeuten wurden bisher nur dann durch die Grundversicherung vergütet, wenn sie bei einem Arzt angestellt waren und ihre Leistungen unter seiner Aufsicht erbrachten (delegierte Psychotherapie). Ab dem 1. Juli 2022 wird die psychologische Psychotherapie von der Grundversicherung bezahlt, sofern sie auf Anordnung eines Arztes erfolgt. Psychologische Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten können somit künftig zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) selbständig und auf eigene Rechnung tätig sein. Weitere Informationen:
- Neuregelung der psychologischen Psychotherapie ab 1. Juli 2022 (Website BAG)
- FAQ zum Anordnungsmodell (Website FSP)