Elektronisches Patientendossier: Der Nutzen steigt mit der Anzahl Teilnehmer

Elektronisches Patientendossier: Der Nutzen steigt mit der Anzahl Teilnehmer

Gastautor / Auteur invité / Autori ospiti
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In Aarau kann die Bevölkerung seit Anfang Mai ein elektronisches Patientendossier (EPD) eröffnen. Die Westschweizer Stammgemeinschaft CARA ermöglicht den Zugang seit Ende Mai. eSANITA plant bis im Herbst Dutzende von Eröffnungsstellen in der Post und in Spitälern in der Südostschweiz. Lange verzögert, etabliert sich das EPD nun in der Schweiz zwar langsam, aber solide. Je mehr Privat- und Gesundheitsfachpersonen sich an das EPD anschliessen, desto enger das Netz und desto grösser der Nutzen für alle: ein erster Schritt hin zu mehr Interprofessionalität und integrierter Versorgung.

Dieser Artikel bildet den Auftakt zu einer Serie, die den Nutzen des EPD für Gesundheitsfachpersonen aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet.

Die Poststelle in Aarau Anfang Mai: Hier befindet sich die erste konkrete Anlaufstelle zur Eröffnung eines EPD im Kanton Aargau. Die Bevölkerung nutzt das neue Angebot: «Die Menschen sind interessiert, legen Dokumente ins EPD und sind gleichzeitig erstaunt, dass ihr Hausarzt noch nicht beteiligt ist. Wir müssen ihnen dann erklären, warum dies so ist. » Arthur Immer, Projektleiter bei der Stammgemeinschaft eHealth Aargau, ist positiv überrascht über das Echo aus der Bevölkerung.

Das EPD hält Einzug im Schweizer Gesundheitswesen. Neun Stammgemeinschaften und mit ihnen unzählige Spitäler, Kliniken, psychiatrische Institutionen und Rehakliniken bereiten sich seit Jahren auf die Einführung des EPD vor. «Das EPD ist nicht ein Projekt, das eines Tages startet und dann abgeschlossen ist. Wir sprechen hier von einem völlig neuen Instrument, das alle betrifft, die sich mit der Gesundheit befassen: sowohl gesunde Menschen wie auch Patientinnen und Patienten in Behandlung, Ärzteschaft und Pflegende, Therapeutinnen und Therapeuten sowie Spitexmitarbeitende», erläutert Adrian Schmid, Leiter eHealth Suisse. «Wir sind jetzt am Start. Das EPD wird sich ständig weiterentwickeln. Nicht nur die technische Funktionalität spielt für den Nutzen eine Rolle. Das EPD soll im Alltag gebraucht werden. Je mehr Privatpersonen ein EPD eröffnen und je mehr Gesundheitsfachpersonen das EPD in ihren Arbeitsalltag integrieren, desto grösser der Nutzen für alle. »

Auswirkungen der Coronapandemie

Barometerstudie 2021, Befragung Gesundheitsfachpersonen, Grafik 23 «Argumente zum elektronischen Patientendossier», Copyright: gfs.bern

Barometerstudie 2021, Befragung Gesundheitsfachpersonen, Grafik 23 «Argumente zum elektronischen Patientendossier», Copyright: gfs.bern

Die Einführung des EPD in der Schweiz fällt unmittelbar in die Gesundheitskrise mit dem Covid-19-Virus. Dies hatte verschiedene Auswirkungen. Gemäss Barometerstudie 2021 bewirkte die Pandemie bei der Bevölkerung eine Offenheit für digitale Lösungen im Gesundheitswesen: «Die Notwendigkeit vom Austausch von Daten während der Pandemie erhöhte die generelle Akzeptanz unter der Bevölkerung zur Speicherung von gesundheitlichen Daten.» Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Der Anteil der Personen, die bereit sind, ein EPD zu eröffnen, stieg von 36 auf 61 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Die Bevölkerung sieht insbesondere in der Verfügbarkeit der eigenen Daten im Notfall einen grossen Vorteil im EPD. An zweiter Stelle steht die Einsparung von unnötigen Abklärungen und Behandlungen, gefolgt vom Argument, dass Behandlungsinformationen verfügbar sind. Die Skepsis gegenüber der Digitalisierung wegen Datenschutzbedenken ist zwar noch vorhanden, sie beeinflusst jedoch nicht mehr die grundsätzliche Offenheit für digitale Lösungen im Gesundheitswesen.

Bei den Gesundheitsfachpersonen ist eine Mehrheit von 80 Prozent gegenüber dem EPD positiv eingestellt. Die Skepsis stieg jedoch bei den IT-Verantwortlichen der Spitäler, welche mit den Herausforderungen bei der Einführung und Zertifizierung konfrontiert sind.

Barometerstudie 2021, Befragung Gesundheitsfachpersonen, Grafik 35 «Trend Vergleich Beurteilung elektronisches Patientendossier» , Copyright: gfs.bern

Barometerstudie 2021, Befragung Gesundheitsfachpersonen, Grafik 35 «Trend Vergleich Beurteilung elektronisches Patientendossier» , Copyright: gfs.bern

Diese Tatsache deckt sich auch mit der Marktstudie von Synpulse. Personen aus dem Bereich Medizin und Pflege erachteten den Nutzen deutlich höher als Geschäftsleitungsmitglieder oder IT-Spezialisten der Gesundheitsinstitutionen. Die Autoren der Synpulse-Studie zitieren Sven Martens, der grundsätzliche Aspekte als ausschlaggebend für den Erfolg des EPD erachtet: «Wesentlich wird hierbei sein, dass das EPD nicht nur von Listenspitälern, sondern von vielen weiteren, auch ambulanten Akteuren verwendet wird, um alle behandlungsrelevanten Informationen schnell zugänglich zu machen und eine effiziente Nutzung zu ermöglichen (Martens, 2020)».

Ein kontinuierlicher Aufbau

Das EPD bildet die Basis für ein integriertes Gesundheitsnetz, das sich in der Schweiz noch im Anfangsstadium befindet: «Erstmals in der Schweiz etabliert sich mit dem EPD eine Plattform, welche den digitalen Austausch zwischen allen Akteuren ermöglicht. Ärzte, Pflegende, Therapeuten, Pflegeheime und nicht zuletzt Patienten werden vernetzt – vorausgesetzt, sie nutzen das EPD», erklärt Gian-Reto Grond, Leiter der Sektion Digitale Gesundheit im Bundesamt für Gesundheit. «Es handelt sich um einen zwar lang andauernden, aber kontinuierlichen Aufbau. Das EPD ist am Anfang eine Plattform zur Ablage von Dokumenten, die je nach Zugriffsrechten von verschiedenen Gesundheitsfachpersonen eingesehen werden können. Dabei wird es jedoch nicht bleiben. Die Weiterentwicklung ist im Gang, um den Austausch von strukturierten Daten zu ermöglichen und damit die Effizienz zu steigern.»

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